Artemisinin: eine neue Perspektive für die Behandlung von Virusinfektionen und Krebs

Hintergrund

Artemisinin ist ein wertvoller Pflanzenextrakt, der die Wirkungsweise von Medizin verändert hat und dies mit Sicherheit auch weiterhin tun wird.

Artemisinin wurde erstmals in den 70er Jahren aus Artemisia annua, einer süßlich schmeckenden chinesischen Wermutpflanze, isoliert. Danach haben Wissenschaftler immer wieder spannende klinische Anwendungsmöglichkeiten von Artemisinin entdeckt. Beispielsweise wurde Artemisinin erfolgreich als Goldstandard-Medikament gegen Malaria zugelassen, das Millionen Menschenleben gerettet und den Entdeckern sogar einen Nobelpreis eingebracht hat.

Aktuell erforschen Wissenschaftler die durchaus starken antikrebs- und antiviralen Eigenschaften von Artemisinin. Die Forschungsergebnisse möchten wir für Sie in diesem Newsletter weiter beleuchten.

Anti-Krebs-Effekte

Die Tatsache, dass Artemisinin antiparasitär wirkt (Malaria wird durch einen Parasiten verursacht), hat Wissenschaftler aus den Niederlanden neugierig gemacht. Dies motivierte sie zu testen, ob Artemisinin darüber hinaus auch krebshemmende Eigenschaften bewirkt. In einer Veröffentlichung von 1993 berichteten diese Wissenschaftler erstmals, dass mit Artemisinin behandelte Krebszellen im Vergleich zu unbehandelten Krebszellen eine um 50-80 % verringerte Wachstumsrate aufwiesen.

Seitdem gab es weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen, welche die Anti-Krebs-Eigenschaften von Artemisinin belegen:

  • Eine klinische Studie aus China im Jahr 2008 ergab, dass Lungenkrebspatienten, die sich einer kombinierten Behandlung mit Artemisinin und Chemotherapie unterzogen, eine um 21 % höhere Rate der Krankheitsstabilisierung im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie aufwiesen.
  • Eine im Jahr 2015 veröffentlichte klinische Studie aus dem Vereinigten Königreich zeigte, dass Krebspatienten, denen Artemisinin oral verabreicht wurden, mit 80 % geringerer Wahrscheinlichkeit an wiederkehrendem Darmkrebs erkrankten als die Placebogruppe.
  • Eine Literaturrecherche aus dem Jahr 2018 ergab, dass die krebshemmenden Wirkungen von Artemisinin in Laborumgebungen (das heißt Zellen in Petrischalen oder Tieren) weitreichend sind und unter anderem Blut-, Leber-, Magen-, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs umfassen.
  • Eine klinische Studie aus dem Jahr 2018 aus den USA berichtet darüber, dass Artemisinin (in die Vene injiziert) bei einer Gruppe von Patienten mit soliden (nicht flüssigen) Krebsarten sicher und gut verträglich ist.
  • Eine im Jahr 2019 durchgeführte klinische Studie aus Deutschland zeigt, dass die langfristige (bis zu drei Jahre) Einnahme von oralem Artemisinin als „Test-Therapie“ bei Brustkrebspatientinnen im Spätstadium keine größeren Sicherheitsbedenken aufwirft.
  • Eine im Jahr 2020 durchgeführte klinische Studie aus den USA ergab, dass selbst verabreichte vaginale Artemisinin-Einläufe sicher und wirksam waren, um das Fortschreiten der Krankheit bei Frauen mit einem Risiko für Gebärmutterhalskrebs zu verlangsamen.

Artemisinin konzentriert sich auf Prostatakrebs und ist in der Lage, den Androgenrezeptor abzubauen, um die Androgen-Signalisierung zu hemmen. Ohne Androgene (also eine Gruppe männlicher Hormone) wäre das Wachstum von Prostatakrebszellen stark gehemmt. Die Androgen-Deprivationstherapie ist daher die bevorzugte Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs. Sogar in androgen-resistenten Prostatakrebszellen kann Artemisinin sie wieder für die Abhängigkeit von Androgenen sensibilisieren – indem es die Androgen-Rezeptorvariante 7 beeinträchtigt, die die Androgen-Resistenz aufrechterhält. In klinischen Umgebungen wurde hochdosiertes orales Artemisinin für drei bis 24 Monate bei Prostatakrebspatienten als sicher erachtet, von denen einige Patienten auch biochemische Anzeichen eines unterdrückten Krebsrezidivs zeigten.

Insbesondere beim Brustkrebs ist Artemisinin auch dafür bekannt, die Selbstzerstörung in Krebszellen einzuleiten, die aufgrund ihrer größeren bioenergetischen Anforderungen typischerweise einen hohen Eisenspiegel aufweisen. Zum Beispiel wurde gezeigt, dass Artemisinin mit Eisen reagiert, um hohe Mengen an oxidativem Stress zu erzeugen, der in Laborumgebungen einen über 5-fachen Anstieg des Todes von Brustkrebszellen auslöste. Dieser eisenabhängige, durch oxidativen Stress ausgelöste Zelltod wird als Ferroptose bezeichnet. Klinisch haben mindestens vier Studien orales Artemisinin als ergänzende Therapie für Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs (für bis zu drei Jahre) ohne größere Risiken oder Nebenwirkungen verwendet.

Antivirale Wirkung

Parasiten gelten wie Viren als mikrobiell. Es ist daher nicht abwegig zu spekulieren, dass Artemisinin auch antiviral sein könnte. Tatsächlich haben mehrere Studien dies bestätigt:

  • Eine Literaturrecherche aus dem Jahr 2018 ergab, dass Artemisinin sowohl im Labor als auch im klinischen Umfeld antivirale Aktivitäten gegen das Ebola-Virus und verschiedene Arten von Herpes-Viren und Hepatitis-Viren besitzt.
  • Eine Studie aus Dänemark und Deutschland aus dem Jahr 2021 ergab, dass Artemisinin SARS-CoV-2, den Erreger von COVID-19, mit einer Wirksamkeit von über 50 % in Laborumgebungen daran hinderte, Säugetierzellen zu infizieren.
  • Eine im Jahr 2021 durchgeführte klinische Studie aus China zeigte, dass die orale Behandlung mit Artemisinin die Virus-Clearance-Zeit bei COVID-19-Patienten im Vergleich zur Standardversorgung um 45 % beschleunigte.
  • Eine Studie aus dem Jahr 2022 aus den USA ergab, dass die antivirale Wirkung von Artemisinin gegen SARS-CoV-2 gegenüber seinen Varianten (d. h. Alpha, Beta, Gamma, Kappa und Delta) nicht schwankte.

Derzeit testet die klinische Studie „Solidarity“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Potenzial von Artemisinin als entzündungshemmendes Mittel bei der Behandlung von COVID-19.

Schlussbemerkungen

Zusammenfassend ist das medizinische Potenzial von Artemisinin enorm und erstreckt sich über Malaria hinaus auf die Bereiche Krebs und Virologie. Auch die Sicherheit von Artemisinin wurde wiederholt bestätigt, seit es vor Jahrzehnten als Malariamittel zugelassen wurde. Die WHO hat Artemisinin in ihrer „Solidarity“-Studie, in der nach neuen COVID-19-Behandlungen gesucht wird, sogar als „sehr sicher“ eingestuft. Im Wesentlichen bietet Artemisinin umfangreiche klinische Vorteile ohne bedenkliche Risiken und Nebenwirkungen.